Begegnung in Eigenverantwortung

Begegnung in Eigenverantwortung

Begegnung in Eigenverantwortung

 

Wenn du mich liebst, dann …

Wir alle wünschen uns erfüllte Beziehungen. Nähe. Vertrauen. Leichtigkeit. Und doch landen wir immer wieder in denselben Mustern: Enttäuschung, Drama, Rückzug. Warum? Weil wir die Verantwortung gern beim anderen abladen.

„Wenn du mich wirklich liebst, dann gehst du heute nicht mit deinen Freunden weg.“ 
„Wenn du mich liebst, postest du keine anderen Bodybuilder, die du toll findest.“ (Das hat meine Tochter mal von ihrem damaligen Freund gehört.)
„Hör doch endlich auf mit …“
„Mach’s bitte wieder so wie früher.“ 

So verlockend diese Sätze sind – sie führen uns nicht weiter.

Was Eigenverantwortung in Beziehung bedeutet

Verantwortung in Beziehung heißt nicht, alles zu schultern oder immer stark sein zu müssen. Es heißt auch nicht, Schuld auf sich zu nehmen.

Es bedeutet: Ich erkenne meine Muster. Ich übernehme Verantwortung für meine Gefühle, anstatt sie beim anderen abzuladen. Es bedeutet, ehrlich hinzuschauen, wenn ich mich verletzt, unsicher oder ungeliebt fühle – und nicht sofort den anderen verantwortlich zu machen.

Kurz: Verantwortung heißt nicht, ich bin schuld, sondern ich bin bei mir.

Annehmen, was ist – statt passend machen

Ein großer Teil von Verantwortung ist die Bereitschaft, das anzunehmen, was gerade da ist. Auch wenn es unbequem ist und auch wenn es nicht so „schön“ aussieht.

Meine Tochter hat schon immer Bodybuilder gepostet, die sie toll fand. Schließlich ist es ihr Sport, den sie liebt. Genauso hat ihr damaliger Freund sie auch kennengelernt. Und trotzdem kam eines Tages: „Wenn du mich liebst, hör auf damit.“

Was war passiert? Seine Eifersucht war hochgekommen. Sein Gefühl von „nicht genug sein“. Und statt das als sein Thema anzuerkennen, sollte sie sich ändern.

Verantwortung hätte hier bedeutet: Ich erkenne, dass ich hier getriggert bin. Ich hole mir Unterstützung, um zu reflektieren. Ich lerne, dass für meine Emotionen niemand anderes verantwortlich ist – auch nicht meine Partnerin. Sie ist lediglich die die Emotionen auslöst.

Verantwortung heißt: Ich verlange nicht, dass der andere bitte schnell etwas ändert, damit ich mich wieder besser fühle. Ich halte aus, dass gerade Spannung da ist. Dass Dinge in Bewegung sind. Dass das Leben mir etwas zeigt.

Denn alles, was sich zeigt, ist dran. Egal was es ist. Und wenn wir das anerkennen, entsteht Raum – für echte Begegnung.

Dein Partner ist nicht dein Patient

Es ist verständlich, helfen zu wollen. Besonders, wenn man selbst als Coach, Therapeut oder Heiler arbeitet. Aber: Eine Partnerschaft ist kein Behandlungszimmer. Und Kinder sind keine Reparaturprojekte.

Wenn du deinem Partner gegenüberstehst, bist du nicht sein Arzt. Nicht sein Retter. Nicht sein Therapeut. Und wenn du dein Kind ansiehst, dann bitte: Sieh es nicht nur durch die Brille deiner eigenen alten Verletzungen.

Eigenverantwortung heißt, diese Rollen draußen zu lassen. Ich arbeite an meinen eigenen Themen – und respektiere, dass mein Gegenüber seinen eigenen Weg hat und geht.

Klarheit darf hier ruhig mal deutlich sein: Dein Partner ist kein Fall für deine Praxis. Und euer Küchentisch ist keine Couch für Beziehungs-„Therapiesitzungen“. 

Begegnung aus der Fülle

Wenn zwei Menschen sich so begegnen – jeder in seiner Verantwortung, ohne Erwartungen, ohne Therapieauftrag –, dann wird Beziehung frei. Frei von Abhängigkeit. Frei von subtiler Manipulation.

Es entsteht Raum für das, was wir uns im Grunde wünschen: Nähe, Lebendigkeit, Tiefe. Nicht, weil der andere uns heilt oder glücklich macht, sondern weil wir uns in unserer ganzen Eigenverantwortung begegnen.

Abschließend oder beginnend

Begegnung in Eigenverantwortung ist nicht immer leicht. Sie fordert uns. Sie konfrontiert uns. Aber genau darin liegt die Chance: Wir hören auf, uns gegenseitig zurechtzubiegen – und beginnen, uns wirklich zu begegnen.

Wenn dich diese Perspektive berührt, findest du in meinem Buch „Beziehung ist das Gegenteil von dem, was du denkst“ weitere klare Impulse und konkrete Beispiele, die Illusionen aufbrechen und neue Räume für Nähe öffnen.

Über die Autorin: Ich begleite in meinen Metamorphosis-Räumen auch Paare, und ich kann behaupten, so mancher hätte schon das Handtuch geworfen. Doch oft haben sich der Blick, die Gefühle und die Beziehung wieder gedreht.

Teile diesen Beitrag, gerne mit Menschen, die gerade in ihrer Beziehung strugglen. Egal, welche Beziehungen es sind, auch Geschwister können sich z. B. ziemlich einengen. Oder im Team gibt es eine Kollegin, die manipulativ und berechnend aus ihren Wunden heraus agiert.