Ein neues Kapitel, der nächste Schritt, eine Entscheidung oder eine höhere Stufe in deinem Leben.

Obwohl ich nicht bibelfest bin, kenne ich doch den Ausspruch: „Der Mensch denkt und Gott lenkt!“ Ich tausche das Wort Gott auch gerne für das Wort Leben aus. Denn wir planen, organisieren und kontrollieren und auf einmal entfaltet sich unser Leben trotz akribischer Genauigkeit ganz anders. Beziehungen, Situationen oder unser berufliches Feld werden auf einmal „unpassend“, fühlen sich komisch an. Wir erkennen „es passt irgendwie nicht mehr“ und wie mit unseren Kleidungstücken die uns entweder zu eng geworden oder aus der Mode gekommen sind, wir entsorgen sie nicht gleich. Es könnte ja sein das wir nochmals reinpassen. Falls wir abgenommen haben, die Hosen lassen sich mit einem Gürtel, in den wir ein weiteres Loch hineinstanzen enger schnallen. Das Shirt, was uns zu kurz ist, ziehen wir bei jedem aufstehen vom Stuhl einfach wieder rundherum runter. Wir gewöhnen uns an diese unpassenden Dinge, Menschen und berufliche Aufgaben, genauso wie an die unpassende Kleidung.

 

Uns entgeht nicht, dass andere Menschen in unserem Umfeld, die sich ihrer „unpassenden Inhalte“ schon entledigt haben, sie abgestreift und durch Passenderes leichter durchs Leben laufen, sie schauen total gut aus mit ihren neuen „Kleidern“ wie Partner, berufliche Aufgaben, veränderte Lebensweisen und einem glücklichen Lächeln im Gesicht. Doch wir sind immer noch damit beschäftigt die unpassenden Dinge passend zu reden, wir verbiegen uns im beruflichen Feld und leben eine Beziehung oder Sex, alles andere als aus dem Herzen.

Wir tun alles um nur ja nicht aus unserer Komfortzone heraus zu müssen.

Die Krux ander Sache ist, unser Leben und unsere Situationen verbessern sich deswegen nicht. Egal wie sehr wir uns verdrehen, egal wie vehement wir auf den anderen zeigen, der ja Schuld an den Dingen hat, egal wie viel Zeit und Energie wir in etwas stecken, es bewegt sich nichts nach vorn und vom Fleck weg. Unsere Energie wird weniger, die Luft wird dünner, wir verlieren den Elan und manche brennen auch aus.

Tja, doch wir haben in vielen Dingen die Rechnung ohne dem Wirt, bzw. mit dem Leben gemacht. Wenn wir anstehende Schritte, Entscheidungen und Konsequenzen die notwendig sind nicht durchziehen, dann nimmt unser Leben die Zügel in die Hand und die Situationen beginnen zu eskalieren. Jedoch auf eine Art und Weise, mit der wir nie gerechnet haben, trotz sorgfältigster Planung, Organisation und Kontrolle.

Wir leben in dem Glauben eine freie Fahrbahn vor uns zu haben, denn wir kontrollieren ja sorgfältig und „BÄHM“ aus dem Nichts kommt uns ein Geisterfahrer mit hohem Tempo entgegen. Es knallt! Es bebt und erschüttert sich alles in unserem Leben und wir kommen von der Fahrbahn ab oder bleiben verletzt liegen.

 

Wir öffnen die Augen und auf einmal ist alles anders. Was gestern sich noch so vertraut angefühlt hat ist … weg. Wie fremd, alles sieht anders aus, die Gesichter der Menschen und ihr Verhalten. Wir sind wie ferngesteuert, wir erledigen was „Alltag“ ist, doch es fühlt sich alles so unwirklich an. Wir fragen uns: „Bin ich vielleicht tot und merke es nicht?“ Doch wir sehen und merken, alles andere geht weiter wie gewohnt und trotzdem fühlt sich alles anders an. Das ist das Gute an solchen Situationen und Erschütterungen in unserem Leben. Das Leben geht einfach weiter. Die Erde dreht sich weiter und wir mit ihr. Nur anders.

Das heilsamste in solchen Zeiten sind für jeden ganz unterschiedliche Dinge. Für mich sind es Sonne (zur Not auch ein Solarium), meine Familie und Menschen die mir ihre Zeit, ihren Trost und ihre Hilfe anbieten. Türen die für mich immer offen sind und bleiben. Situationen, die mir Halt geben, wie z.B. ein tolles Musikkonzert.

In diesen Momenten beginnen wir zu erkennen und zu erfassen, dass sich eine radikale Veränderung in unserem Leben vollzieht und trotzdem das Leben weitergeht.

An diesem Erkenntnispunkt beginnt nun ein Loslassprozess in unserem Leben, der seinesgleichen sucht. Wir entdecken erstaunt was alles in unserem Leben zum loslassen gehört und WER vor allem.

Nach dem „Zusammenknall mit dem Geisterfahrer“ funktioniert wieder ganz langsam unser Gehirn. So langsam sickert hindurch, was jetzt tatsächlich geschehen ist. Vieles vo

n unserem Gewohnten ist irgendwo, nur nicht bei uns. Wir gehen in den Widerstand und wollen uns immer noch wehren. Denn wir wollen einfach das Gewohnte wiederhaben. Wir wollen uns in das zu enge Kleid hineinzwängen, irgendwie muss es doch noch passen, vielleicht wenn wir den Bauch einziehen. Es ist ein dunkler Kampf, der auch manchen in die Dunkelheit hineinreißt.

Da stehen wir, verschwitzt und schwer atmend, denn jede erdenklich Anstrengung hat uns nicht ans Ziel geführt, doch noch in das zu enge Kleid wieder hineinzukommen.

Wir sehen unser Spiegelbild und fragen uns so langsam, was wir denn da eigentlich machen? Wir sehen das bisschen Stoff und unseren Körper.

Es passt einfach nicht mehr! Punkt! 

Wir sehen den Verlust, die Wahrheit und spüren die Enttäuschung, spüren Traurigkeit. Doch gleichzeitige weht uns eine leichte Prise um die Nase: Akzeptanz!

Das Erstaunliche und Sonderbare am Zulassen der Akzeptanz ist, sie lüftet den Schleier und legt immer mehr offen, was schon lange nicht mehr gepasst hat UND auf einmal geht da sehr viel mehr aus dem Leben, was nicht mehr passend ist. Es ist wie in die kalte Winterluft hinaus zu gehen, wir atmen tief ein und bemerken, trotz der Kälte der Wahrheit weicht ein Druck und wir können wieder durchatmen. Wir sehen und erkennen auf einmal ganz viele neue Türen und Möglichkeiten. Wir schlüpfen in ein neues Kleid und voilà es passt wie angegossen und wir schauen einfach blendend darin aus.

Veränderung kann die Erfüllung unserer langgehegten Wünsche sein. 

Die Straße ist wieder frei vor uns und wir sind gespannt, wo es jetzt wohl hingeht. Wir lassen den Motor an und fahren erst langsam und zögerlich los, denn wir haben den Knall und Schmerz mit dem Geisterfahrer noch gut in Erinnerung. Doch je länger wir unterwegs sind, siegt die Neugier, was da wohl noch ist. Wir merken, gut Bewährtes können wir ausbauen, Neues holen wir auf unseren Weg, in manchen Dingen brauchen wir noch eine längere Atempause und Erholung und durch diesen neuen Schritt, eine Entscheidung oder der nächsten Stufe, spüren wir, wie wir an ein stärkeres Energienetz auf einmal angebunden sind als zuvor.

Auf unserem neuen Weg schauen wir zurück und erkennen, ups, da tragen ja andere jetzt zu kleine Kleider. Ist es unsere Aufgabe sie darauf hinzuweisen oder gar zu warnen? Nein, denn wir wissen, auch sie haben Gürtel und drehen und winden sich in ihre zu kleinen Kleider, bis auch sie vom Geisterfahrer erwischt werden. Jeder hat da so seine Taktik. Drum winken wir ihnen einfach zu, denn unser Weg geht weiter und sie können ja nachkommen.

Schaue ich über das Jahr 2017 weiter zurück, frage ich mich: „Braucht es immer diesen Geisterfahrer?“ Ich bin mir ganz sicher: NEIN! Es braucht ihn nicht, doch irgendwie wollen wir wohl alles gerne das Drama.

Seit meinem Geisterfahrer kann ich sagen, ich bin glücklicher, mutiger, demütiger dem Universum gegenüber, freier und menschlicher geworden und wenn auch noch nicht alles in meinem Leben ist was ich mir wünsche, bin ich trotzdem angekommen. Der Knall hat sich gelohnt und ich trage inzwischen passende Kleider.

 

 

 

 

 

 

Claudia Schwab
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