Wer sind deine Fünf

Das Moai-Prinzip

Ich sitze hier und überlege, was ich dieses Jahr mit meiner Chiarezza-Gruppe und meinen 1-zu-1-Menschen in der Adventszeit machen möchte. Irgendwas Schönes. Etwas, das verbindet. So wie damals, als wir das Kintsugi-Ritual gemacht haben. Falls du bei meinen 24 Tagen dabei warst, erinnerst du dich vielleicht. Jeder hatte seine eigene Schale, und wir haben sie mit Gold wieder zusammengefügt. Jeder für sich, und dann haben wir uns im Zoom-Call zusammengefunden, unsere geklebten Schalen gezeigt und uns so schön ausgetauscht. Jeder von uns hat über seinen Prozess gesprochen, und für mich ist es immer noch schön, meine Schale zu sehen. Diese Mischung aus Verletzlichkeit und Schönheit… ich liebe sowas.

Wenn ich jetzt daran denke, spüre ich wieder dieses Gefühl von echter Gemeinschaft. Kein oberflächliches Zusammensein, sondern dieses „Ich seh dich – und du mich“. Vielleicht ist das auch der Grund, warum mich das, was ich in meinem Hörbuch gehört habe, so berührt hat. Da ging’s um die Blue Zones – Orte auf der Welt, wo Menschen besonders alt und gesund sind. Und ein Teil von dem Ganzen ist das sogenannte Moai.

Ein Moai ist eine kleine Gemeinschaft von fünf Menschen, die sich ein Leben lang unterstützen. Emotional, praktisch, manchmal sogar finanziell. Kein großes, aufwendiges und kompliziertes Konzept, keine spirituelle Übung. Einfach ein echtes Miteinander. Und als ich das gehört und gelesen hab, dachte ich: Ja, genau das. Das ist es doch, was uns trägt. Oder was meinst du?

Kleine Teeschale, hellblau, braun, geklebt nach Kintsugi Priip

Ich hab dann angefangen, an meine eigenen Fünf zu denken. Und ehrlich? Es war gar nicht so leicht. Nicht, weil ich keine Menschen in meinem Leben hätte, sondern weil ich mich gefragt hab: Bei wem kann ich wirklich ich sein? Nicht die Begleitung, nicht die Starke, nicht die, die immer einen Rat hat. Einfach nur ich. Mit meiner Müdigkeit, meinen Zweifeln, meinem ganz normalen Menschsein. Und dann wurde mir klar: Genau das ist es. Ein Moai ist nicht einfach „Leute, die man mag“. Es sind die, bei denen du keine Leistung zeigen musst. Nicht die spirituelle Oberschlaue. Wo du auch einfach mal abheulen kannst.

Denn mal ehrlich, wir leben in einer Zeit, in der jeder meint, alles allein schaffen zu müssen. Stärke wird mit Unabhängigkeit verwechselt. Kennst du das? Dieses Gefühl, wenn du abends nach Hause kommst und merkst: Ich hab den ganzen Tag mit Menschen gesprochen, aber niemand hat wirklich gefragt, wie’s mir geht. Nicht oberflächlich. Sondern wirklich interessiert? Wir sind so gut darin geworden, funktionierend auszusehen. Aber wer sieht uns wirklich?

Aber was, wenn wahre Stärke heißt, sich halten zu lassen?

Also, schau dich mal um. Wer sind deine Fünf? Die, auf die du dich wirklich verlassen kannst. Die dich nicht nur anrufen, wenn sie etwas brauchen, sondern einfach da sind. Die, die merken, wenn du leiser wirst. Die dir nicht sagen „Wird schon wieder“, sondern einfach neben dir sitzenbleiben. Mit dir lachen, weinen, still sein können oder einfach in den Wald hineinschauen, obwohl kein Reh dasteht – quasi leerschauen?

Vielleicht ist es Zeit, diese Verbindungen wieder bewusster zu pflegen. Oder dir dein eigenes kleines Moai zu schaffen. Nicht, weil du schwach bist, sondern weil du Mensch bist und weißt, wirkliche Verbundenheit macht uns gesünder.

Und vielleicht merkst du dabei: Du bist gar nicht allein. Du hast nur vergessen, hinzuschauen. Oder zu fragen. Oder du hast dich einfach nicht getraut, zu zeigen, wie du wirklich bist … mit allem, was grad ist.

Und jetzt hab ich hier einen schönen Text geschrieben – und weiß immer noch nicht so ganz sicher, was ich mit meiner Chiarezza-Gruppe und meinen 1-zu-1-Menschen in der Adventszeit machen werde. Aber die Energie ist entfacht. Mal schauen, was mich die nächsten Tage und Wochen so anfliegt. Manchmal braucht’s ja erst die richtigen Worte, damit sich die richtigen Ideen zeigen dürfen.

Claudia Schwab
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