Vertrauen ist keine Belohnung – sondern Bewusstsein

Warum wir endlich aufhören müssen, unsere Kunden wie Mäuse zu behandeln.

Es war der letzte Tag meines Retreats am Morgen.
Ich lag noch im Bett, ganz weich, ganz ruhig, in diesem Zustand zwischen Innenraum und Außenwelt, den ich so liebe an und nach solchen Tagen.
Die Hunde waren bei meiner jüngsten Tochter, meine beiden Söhne im Urlaub – und ich wollte einfach kurz schauen, was sie gepostet hatten.
Also öffnete ich Instagram. Kein Ziel. Nur ein bisschen Verbundenheit, ein paar Bilder, vielleicht ein Lächeln.

Und dann kam diese Anzeige.
„Online verkaufen ohne Stress – kein tägliches Posten, keine ständigen Zoom-Calls. Einfach ein smarter Marketingweg.“

Ich klickte.
Neugier. Kein echtes Interesse, aber ich wollte wissen, wie es gerade so „läuft da draußen“.
Was als „Neue Welt“ verkauft wird. Was man jetzt unter Verbindung versteht.

Zuerst dachte ich noch: okay.
Die übliche Vorstellungsrunde. Nette Stimmung. Ein paar Marketingfloskeln – nichts, was mich aus der Ruhe brachte.

Aber dann kam der zweite Tag.
Und da war’s schlagartig vorbei.
Da wurde klar, wohin die Reise geht – und dass ich aussteige.

Die Alte Welt: Manipuliere, bis sie kaufen

Was dann kam, hat mich mehr als nur irritiert. Es hat mich fassungslos gemacht. Nicht etwa, weil ich das Spiel nicht kannte – sondern weil ich nicht fassen konnte, wie offen und selbstverständlich es hier als Erfolgsrezept weitergegeben wurde.

Da war keine Spur von echter Verbindung zu spüren. Kein Hauch von authentischer Präsenz. Nur ein klinisch durchgetaktetes System, das Menschen durch die geschickt inszenierte Illusion von Wahlfreiheit in genau eine Richtung drängt: Kaufen – weil du sonst draußen bleibst.

Die zentrale „Strategie“ wurde mir dort wie folgt präsentiert:

  • Gib den Leuten fünf Tage Zeit
  • Mach ihnen unmissverständlich klar, dass sie nur dann „wirklich committed“ sind, wenn sie in dieser Zeit eine bestimmte Aufgabe erfüllen
  • Belohne sie anschließend mit dem Zugang zum nächsten Schritt
  • Wer zu langsam ist, geht leer aus – kein Käse für die Maus

Wörtlich wurde es tatsächlich so formuliert: „Die Gier, etwas kostenfrei zu bekommen, bringt sie in Bewegung.“

Und um dieses „Erfolgskonzept“ zu veranschaulichen, wurde sogar eine Grafik gezeigt: Eine Katze. Eine Maus. Ein Stück Käse. Die Katze – das bist du als Anbieterin. Die Maus – dein potenzieller Kunde. Der Käse – dein Goodie, dein Bonus, dein perfekt platziertes Lockmittel.

Ich saß da und dachte: Meinen die das wirklich ernst? Merkt hier tatsächlich niemand, wie entlarvend und menschenverachtend das ist?

Die Katze ist selbst längst im Käfig

Was mich am tiefsten erschüttert hat, war nicht das System an sich – sondern die spürbare Begeisterung dafür. Menschen saßen da, hörten andächtig zu, stimmten einfach zu. Dankbar. Erleichtert, dass man ihnen nun endlich erklärt, wie es funktioniert. Wie sie ihre „Mäuse“ geschickt führen können. Wie sie mit möglichst wenig emotionaler Nähe, möglichst wenig persönlicher Investition und möglichst viel cleverer Systematik Umsatz generieren.

Aber keiner – wirklich absolut keiner – hat in diesem Moment bemerkt, dass die Katze selbst längst im goldenen Käfig sitzt. Getrieben von Umsatzzielen, fremdbestimmt durch Funnels, völlig abgeschnitten von jeder echten menschlichen Begegnung.

Ich habe das auch versucht – und es funzt einfach nicht

2019 bin ich online gegangen. Und ja, ich gestehe: Ich habe es anfangs ebenfalls probiert. Ich habe tatsächlich versucht, Business zu machen „wie alle anderen“. Mit ausgeklügelten Strategien, durchgetakteten Challenges, konditionierenden Belohnungssystemen. Nicht etwa, weil ich bewusst manipulieren wollte – sondern weil ich ehrlich nicht wusste, wie ich meine Tiefe und Authentizität online überhaupt zeigen könnte.

Ich komme aus der Offline-Welt. Meine eigentliche Arbeit geschah bis dato im direkten Raum. Im unmittelbaren Kontakt. Im echten, körperlichen Spüren. Online fühlte sich das anfangs an wie ein mühsamer Umweg durch eine dicke Glasscheibe. Und ich tappte einige Wochen lang in genau dieselben Fallen, in denen viele heute noch hilflos feststecken.

Aber mein Körper hat gestreikt. Mein Inneres hat lautstark rebelliert. Und ich habe endlich verstanden: Ich kann gar nicht anders, als vollkommen echt zu sein.

Was ich heute tue – und was ich bewusst nicht tue

Ich begleite Menschen – individuell und maßgeschneidert. Nicht nach vorgefertigtem Plan. Nicht nach standardisiertem Modul. Nicht nach Copy-Paste-Prinzip. Es gibt keine fertigen PDFs von mir, die für Müller, Meier, Schmidt und Huber identisch wären. Ich arbeite nicht mit vorgestanzten Antworten, sondern ausschließlich mit echter, lebendiger Begegnung. Ich spüre präzise, was der einzelne Mensch in diesem Moment braucht – und genau dort setze ich an.

Wenn jemand mich braucht, bin ich da. Nicht zu festgelegten Sprechzeiten. Nicht nach einem vorher kalkulierten Kontingent pro Woche. Ich rechne nicht penibel mit, wie viele Nachrichten bereits hin und her gegangen sind. Ich frage nicht pflichtbewusst, ob das jetzt „zu viel“ wird. Ich antworte. Ich begleite. Ich bin präsent – so intensiv und umfassend, wie es gerade gebraucht wird.

Und ja – das hat seinen entsprechenden Preis. Nicht, weil ich mich für etwas Besseres halte oder mich künstlich verknappen möchte. Sondern weil ich genau weiß, was meine Art der Begleitung in Wahrheit bedeutet: Tiefe. Absolute Verlässlichkeit. Echte Nähe. Kompromisslose Wahrhaftigkeit.

Was in der Neuen Welt zählt: Vertrauen, nicht Taktik

Die neue Welt braucht keine noch raffinierteren Verkaufssysteme. Sie braucht Menschen, die sich ungeschminkt zeigen. Die echt sind und echt bleiben. Die auch dann standhaft bleiben, wenn keiner applaudiert oder ihre Performance belohnt.

Wenn du ernsthaft glaubst, echtes Vertrauen entstehe durch künstliche Deadlines und psychologischen Druck, dann hast du noch nicht einmal ansatzweise erlebt, was möglich wird, wenn Menschen sich wirklich begegnen. Vertrauen ist niemals das Ergebnis eines perfekt getimten Funnels oder einer clever orchestrierten Kampagne. Es ist eine bewusste Entscheidung. Und diese Entscheidung braucht oft Zeit. Reibung. Raum zum Atmen.

Ich schreibe diesen Beitrag nicht, um irgendjemanden anzuprangern oder zu entlarven. Sondern um glasklarzumachen, woran du sofort erkennst, dass du gerade kein Vertrauen aufbaust – sondern systematisch darauf trainiert wirst, zu funktionieren.

Fazit: Wenn du Käse willst – geh weiter. Wenn du Wahrheit willst – bleib.

Ich bin kein Marketing-Genie und will auch keines sein. Ich bin kein Fan von verführerischen Überschriften oder manipulativen Hooks. Ich will dich nicht „ziehen“, ködern oder in meinen Funnel locken – ich will dir aufrichtig begegnen.

Wenn du wirklich gehen willst, dann geh. Wenn du wirklich bleiben willst, dann bleib.

Aber spür bewusst, was dich wirklich hält. Nicht, was dich geschickt ködert.


Was denkst du darüber? Erkennst du diese Muster in deiner eigenen Online-Erfahrung wieder?

Claudia Schwab
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